Zinsstatistik: Entwicklung Dispokredit vs Sofortkredit Zinsen 2003-2015

Anfang Mai veröffentlichte die Deutsche Bundesbank die neue MFI-Zinsstatistik. Anhand dieser neuen Durchschnittswerte der von inländischen Banken angewandten Zinsen lässt sich nun auch ein aktueller Vergleich zwischen üblichen Dispokrediten und Sofortkrediten anstellen.

Die MFI-Zinsstatistik

Die MFI-Zinsstatistik wird regelmäßig von der Deutschen Bundesbank erhoben. In dieser stichprobenartigen Erhebung werden die inländischen Banken (MFIs) dazu verpflichtet, ihre in Deutschland angewandten Zinssätze sowie Volumina für ihre Euro-Kredite und Einlagen gegenüber in der Europäischen Währungsunion (EWU) ansässigen privaten Haushalte und nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften offenzulegen. Diese Zinsstatistik wird von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht und kann von jedem eingesehen werden. Mehr Informationen gibt es auf den Seiten der Deutschen Bundesbank.

Zinsstatistik Mai 2015 – Kurs weiter auf Rekordtief

Am 05. Mai dieses Jahres veröffentlichte die Bundesbank ihre aktuelle Statistik mit den Werten bis März 2015, wobei die Daten aus diesem letzten Monat noch als vorläufig gekennzeichnet sind. Sie zeigen im Falle der revolvierenden Kredite (genehmigte und nicht genehmigte Dispositionskredite sowie Kontokorrentkredite) und Überziehungskredite den seit Oktober 2008 kontinuierlichen Abwärtstrend von einem Durchschnittsjahreszins von damals 12,01 Prozent auf 8,98 Prozent im März 2015 (vorläufiger Wert), immerhin also ein beachtlicher Rückgang. In unserem Dispokredit-Vergleich liegen die Zinssätze derzeit zwischen 7,5 und 7,85% p.a. Im Falle eines Ratenkredites mit 1 bis 5 Jahren fester Laufzeit ist seit Einführung der MFI-Zinsstatistik im Januar 2003 der effektive Jahreszins von 6,69 auf 4,41 Prozent im März gefallen.

Zinsentwicklung - Dispokredit und RatenkreditVeröffentlicht unter der Creative Commons-Lizenz CC-BY-ND. Teilen und Verwendung dieser Infografik sind unter Bedingung der Namensnennung und Hinweis auf diese Seite erwünscht.

Dispozins immer noch mehr als doppelt so hoch

Nun mag eventuell der drastische Rückgang der Dispozinsen den ein oder anderen Verbraucher erfreuen. Nach Meinung der Verbraucherschützer ist er angesichts des extrem niedrigen EZB-Leitzinses von derzeit 0,05 Prozent immer noch viel zu hoch. In den letzten Jahren haben die Verbraucherzentralen daher auch immer wieder diese Praxis der Banken moniert, im September vergangenen Jahres stimmte auch die Stiftung Warentest mit ein. In ihrem Testbericht in der Zeitschrift Finanztest 10/2014 monierte sie, dass man immer noch „zu viel“ zahle.

Damals verglich sie die Konditionen von 1.504 Banken. Dabei wurden nicht nur die durchschnittlichen Dispozinsen angemahnt, sondern auch die große Spanne unter den verschiedenen Banken. Vor allem die Volks- und Raiffeisenbanken griffen beherzt zu. Spitzenreiter waren die Volksbank Westenholz, die bei schlechter Bonität sage und schreibe 14,25 % pro Jahr verlangte. Genauso hoch war der Dispozins der Raiffeisenbank Weil und Umgebung.

Zinsdifferenz Dispokredit vs Sofortkredit/Ratenkredit Zins - 01/2003 bis 03/2015

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Fast jeder Fünfte nutzt Dispo permanent

Dabei ist der teure Dispo offenbar ein Lieblingskind der Deutschen. Dies zeigt eine internationale Studie zur Kreditnutzung, die die ING-DiBa bei dem unabhängigen Ipsos-Institut in Auftrag gegeben hatte. Dieses befragte im November 2013 über 12.000 Personen ab 18 Jahren in Europa zu ihren finanziellen Gewohnheiten. Dabei kam heraus, dass in Deutschland der Dispo deutlich häufiger in Anspruch genommen wird, als dies in anderen Ländern der Fall ist. Zum Beispiel haben 40 Prozent der Rumänen und Türken einen Ratenkredit, während es in Deutschland nur die Hälfte, rund 20 Prozent, sind.

Dabei bestünde durchaus Bedarf, denn bei der gleichen Untersuchung ergab sich, dass beinahe jeder fünfte Deutsche seinen Dispositionskredit mindestens ein Mal im Monat in Anspruch nimmt. Über acht Prozent der Befragten gaben sogar an, den Dispo permanent zu nutzen. Man spricht dann auch von einem eingefrorenen Dispo. Wir werden nachfolgend in einer Beispielrechnung zeigen, wie schnell sich im Falle einer permanenten Dispo-Inanspruchnahme die Zinszahlungen durch den Zinseszins-Effekt vervielfachen.

Verteilung Häufigkeit der Disponutzung Umfrage November 2013
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Kostenfalle bei permanenter Dispo-Nutzung

In unserem Rechenbeispiel benutzen wir dabei die jüngsten Zahlen aus der MFI-Zinsstatistik. Gegenübergestellt wird ein Sofortkredit mit einer Laufzeit zwischen 1 und 5 Jahren (aktueller Durchschnittszins: 4,41% eff. p.a.) sowie der derzeitige Durchschnittszins von 8,98% pro Jahr. Kunde A nutzt dabei einen Disporahmen von 2.500 Euro auf seinem Girokonto permanent, das Konto weist also permanent Soll-Salden auf, die Abrechnung erfolgt quartalsweise wie marktüblich. Kunde B nimmt einen Sofortkredit über denselben Betrag auf. Dieser wird innerhalb von fünf Jahren in gleichen Monatsbeträgen abgezahlt. Damit sinkt jeden Monat der Zinsanteil gegenüber dem Tilgungsanteil an der Rate.

Abgesehen von der Tatsache, dass derzeit der durchschnittliche Dispozins mehr als doppelt so hoch wie der mittlere Ratenkreditzins (bei 1 bis 5 Jahren Laufzeit) ist, werden die Unterschiede durch den Zinsezins-Effekt extrem. Denn im Verlauf der Jahre bezahlt Kunde A nicht nur Dispozinsen für die beanspruchten 2.500 Euro, sondern zusätzlich für die quartalsweise zu zahlenden Zinsbeträge. Wie jeder mit den erwähnten Daten und einem Zinseszins-Rechner nachprüfen kann, wächst damit die jährliche Zinszahlung exponenziell. Bei Kunde B dagegen trifft das Gegenteil zu. Bei den gleichbleibenden Monatszahlungen fällt während der Kreditlaufzeit der Anteil der Zinszahlungen zugunsten der Tilgungen.

So bezahlt Kunde A im fünften Jahr 331,20 Euro für seinen angehäuften Schuldenberg, Kunde B nur noch 12,82 Euro. Noch beeindruckender wird der Unterschied, wenn man sich die gesamten Zinszahlungen in dem 5-Jahres-Vergleich ansieht: Mit dem eingefrorenen Dispo müssten nach dieser Zeit 1.397,46 Euro für Dispozinsen bezahlt werden. Kunde B zahlt für die Zinsen dagegen 284,40 Euro und hat zudem seine Schulden bereits getilgt. Die permanente Disponutzung war in fünf Jahren also 1.113,06 Euro teurer als der Sofortkredit.

Auch wenn es sich bei unserem Rechenbeispiel um einen Extremfall handelt, der in der Praxis wohl eher selten vorkommt, ist der Unterschied über die Zeit oft gravierend und macht auch bei Dispo Teilnutzung schnell dreistellige Mehrkosten aus.

Rechenbeispiel Zinseszins-Effekt - Eingefrorener Dispo gegenüber Sofortkredit, 2500€ Kreditsumme über 5 Jahre

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Fazit – Im Zweifel Sofortkredit

Das Fazit dieses Beispiels liegt auf der Hand: Statt den Disporahmen auf dem Girokonto regelmäßig zu nutzen empfiehlt sich beinahe immer das Aufnehmen eines günstigeren Sofortkredites. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Disponutzung dauerhaft geschieht. Durch die quartalsweise Abrechnung lediglich der Dispozinsen wirkt die Belastung niedriger als bei einem Ratenkredit, tatsächlich bezahlt man aber wesentlich mehr, zusammen mit dem höheren Risiko einer Überschuldung. Ein Dispositionskredit ist daher nur zur kurzfristigen Nutzung mit kleineren Summen geeignet, sonst bietet sich eine Umschuldung mit einem Sofortkredit an.

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